Willkommen in Lublin (Pt.1)
Der Tag beginnt früh für mich am Sonntag, dem 29.1. Um 5:00 klingelt der Wecker in meinem kleinen Zimmer im Kloster, das bedeutet Aufstehen, damit die Reise beginnen kann.
Denn es ist endlich an der Zeit, Krakau für eine kurze Zeit zu verlassen und ein neues Stückchen von Polen zu entdecken. Dabei nehme ich euch mit und die nächsten 3 Wochen wird die Montagspost gefüllt mit Nachrichten aus Lublin sein.
An diesen Tag reise ich gemeinsam mit einem anderen Freiwilligen aus Oswiecim (Auschwitz) nach Lublin – bekannt in Polen als die Stadt der Inspiration. Um 5:50 fährt der Zug pünktlich weg vom Bahnhof in Krakau, bis er um ca. 10:00 in Lublin ankommt. Es ist eine eher weitere Reise in den Osten Polens und Lublin begrüßt uns mit bitterer Kälte.
Beim Ankommen in Lublin merkt man bereits, dass die Stadt etwas aus der Zeit gefallen scheint. Am Bahnhof findet man beispielsweise nicht ein normales digitales Zugfahrplanschild, sondern eines, das „analog“ funktioniert. Am Bahnhof erwartet uns auch schon die Freiwillige, die wir besuchen, sie arbeitet in der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Majdanek, das auch in Lublin liegt.
Am Weg zu unserem Hostel bestätigt sich der erste Eindruck der Stadt, es wirkt alles etwas verfallen und Plattenbau reiht sich an Plattenbau. Doch dieser erste Eindruck täuscht ein wenig.
Unser Hostel ist ein kleines Gebäude, das auch als Auffangstation für Flüchtlinge aus der Ukraine ist. So liegen wir mit 2 älteren Männern in einem 4rer Schlafzimmer. Mit gebrochenen Polnisch auf beiden Seiten unterhalten wir uns ein wenig.
Danach lernen wir die WG-Kolleginnen von Mai Ly kennen, die ebenfalls aus der Ukraine geflüchtet sind und nun in Lublin verbleiben.
Beim Weg zur Altstadt bemerkt man, dass Lublin ja doch richtig schöne Seiten hat und die Altstadt wirklich umwerfend sehenswert ist. Zugleich vermittelt Lublin einen Sinn für Gemütlichkeit, da die Stadt für ihre 350 000 Einwohner recht klein wirkt.
„Der Besuch in der Stadt Lublin ist in besonderer Weise eine Aufforderung, sich mit der jüdischen Geschichte Polens auseinanderzusetzen und dabei auch auf die eigene Vergangenheit zu blicken.“
Besonders auffällig ist in Lublin das „Krakauer Tor“, das im 14. Jahrhundert fertiggestellt wurde und den Weg von Krakau, über Lublin nach Vilnius markiert. Es wirkt, als hätte man ein kleines Stück Krakau mitten in die Altstadt von Lublin gesetzt.
Nach einem Mittagessen gehen wir zum Hotel Ilan. Nein nicht um darin zu übernachten, ein Hostel haben wir ja schon, sondern um das Gebäude zu besichtigen und sich mit der jüdischen Geschichte von diesem auseinanderzusetzen.
Im Hotel Ilan lag nämlich vor dem 2. Weltkrieg einer der größten Talmudschulen der Erde – die Chachmei Lublin Jeschiwa. So ist auch noch heute eine Synagoge darin, die wir uns auch angeschaut haben.
40 Prozent der Einwohner Lublins waren vor dem 2. Weltkrieg Juden, so war auch die jüdische Kultur der Stadt immens wichtig. Während des Holocausts starben die meisten von ihnen in den Konzentrationslagern Belzec und Majdanek. Über das letztere wird es noch einen eigenen Blogeintrag geben. Umso wichtiger scheint es das, dass Gebäude bewahrt wird und an die Vergangenheit erinnert.
Im Hotel Ilan holen wir uns auch den Schlüssel für den jüdischen Friedhof, der neben der Chachmei auch eines der größten jüdischen Denkmäler in Lublin ist.
Und auch dieser hat eine ganz besondere Geschichte. Aufgebaut wurde er im Jahre 1850, während dem Zweiten Weltkriegs wurde er von den deutschen Besatzern verwüstet. Grabsteine wurden entnommen und als Baumaterialien verwendet, noch heute kann es sein, dass unter den Straßen und Wegen, aber auch in Häusern jüdische Grabsteine auftauchen.
Die Nazis verschanzten sich unter anderem auch auf diesem Friedhof als die Rote Armee versuchte Lublin zu befreien, Spuren auf Gräbern sind heute noch zu sehen (siehe rechts).
Die Verbrechen der Nationalsozialisten sind allgegenwärtig in jüdischen Städten wie Krakau oder Lublin.
Der Besuch in der Stadt Lublin ist in besonderer Weise eine Aufforderung, sich mit der jüdischen Geschichte Polens auseinanderzusetzen und dabei auch auf die eigene Vergangenheit zu blicken.
Danach ist unser Tag auch schon zu Ende und wie es mit unserer Reise in Lublin weitergeht, könnt ihr nächste Woche weiterlesen.
Bis dann!

Danke liebe Sebastian, es ist schön festzustellen, dass das Waldviertel nicht nur aus Waldhäuseln besteht, sondern dass junge Leute den Blick nicht nur bis zum nächsten häusl, sondern auch in die Vergangenheit richten und damit wohl auch eine bessere Zukunft gestalten können. Zu lernen, dass ein Miteinander wichtiger und auch befruchtender ist als die Abgrenzung.
Liebe Grüße aus Wien und bis zum Sommer Rosemarie (Die alte Frau aus eurem oberen Apartment)
Das ist wirklich richtig!
Liebe Grüße aus Krakau in ein Wien, bei dem ich froh bin, dass es so vielfältig ist – wie es eben ist!
Sebastian