„Besucher öffne dein Herz. Und deinen Geist. Und deine Seele!“

Es ist kalt, als wir uns um 10 vor 6 vom Kloster auf dem Weg zum Bahnhof befinden.

Ausgestattet mit einem Rucksack mache ich mit 2 anderen Freiwilligen auf den Weg nach Oswiecim (Auschwitz)  um die Gedenkstätte zu besuchen.

 

Untrennbar ist Oswiecim mit der deutsch-polnischen Geschichte verbunden.  Auschwitz wurde zum Symbol des Holocausts. Es fällt schwer, die passenden Worte zu finden, die diesen Tag beschreiben sollen, es werden wohl nur jene verstehen, die schon einmal dort gewesen sind.

 

Keine Worte können die Gefühle, die man an diesem Ort verspürt, beschreiben. 

Ich werde versuchen, in diesem Text die Worte der Überlebenden sprechen zu lassen – ich würde mich freuen wenn ihr euch von den Zitaten zum gedenken anregen lässt.  

„Bedenkt, dass ihr Menschen seid.

Das ist das Einzige. Seid menschlich!“

-Aba Lewit

Sind Aba Lewits Worte bei einem Interview, die mir an diesem Tag immer wieder durch den Kopf gehen. Besonders verbunden sind diese Worte mit einer Frage.   Der Frage nach der Menschlichkeit.

Die Frage, wie jemals passieren konnte.

Die Frage des großen, „Warum“ die Menschlichkeit in diesen Zeiten gestorben ist, brennt mir besonders an diesem Tag in meinem Kopf.

 

Unsere Gruppe ist klein, nur wir drei wandern gemeinsam mit einer Führerin, die Deutsch spricht, durch das Gelände von Auschwitz-Birkenau. Gemeinsam gehen wir durch die Gebäude des Konzentrationslagers, die zum Großteil noch original sind.

Das, was uns alle verbindet, ist die Bedrücktheit und die Trauer, die wir an diesem Ort verspüren.

 

„Besucher, öffne dein Herz. Und deinen Geist und deine Seele. Wenn du durch die Ausstellung Shoah gehst und umgeben wirst von dem Anblick und den Tönen der Vergangenheit, dann höre die Stimmen der Opfer, sieh die Zeichnungen der Kinder und berühre die Namen der Ermordeten. Sei der Bote dieses Ortes. Nimm eine Botschaft mit, die nur die Toten noch den Lebenden geben können: die der Erinnerung.“

-Elli Wiesel

Ist die Botschaft des Schriftstellers und Holocausts Überlebenden Elli Wiesel zu einer Ausstellung in Auschwitz, die wir auch an diesem Tag besuchen werden.

Sie heißt „Shoah“ und wurde gemeinsam mit der Gedenkstätte Yad Vashem entwickelt.

In dieser Ausstellung befindet sich auch ein Teil über Kinder – 1,5 Millionen jüdische Kinder wurden zu Zeiten des Holocausts getötet.

Kleine filigrane Bleistiftzeichnungen an den Wänden zeigen Motive des Krieges. Eine von Trauer erfüllte Gänsehaut legt sich um den Körper, wenn man diese Zeichnungen betrachtet.

 

 

Es sind die Originalzeichnungen von Kindern, die an den Wänden von der Künstlerin Michal  Rovner mit nur einem Bleistift Strich für Strich nachgezeichnet worden sind. Es sind die Zeichnungen von Kindern, die heute noch leben könnten.

Die Ausstellung wird begleitet von einem Text des renommierten israelischen Autors David Grossman, auch die Überschrift dieses Textes stammt von ihm.

Hier könnt ihr nun einen Auszug dieses Textes betrachten als Symbol für die Gefühle, die wir während der Ausstellungen empfunden haben. 

„Wenn wir sie hier in Auschwitz ansehen, können wir spüren, wie Kunst einen Ort schaffen kann, wo Leben und dessen Verlust gemeinsam existieren können. Für einen Moment können wir uns über die Zeichnung hinaus das Kind vorstellen, das sie malte – Bleistift in der Hand, Lippen angespannt, tief in Gedanken. Wir fühlen förmlich seine Anstrengung, einen Vogel genau zu zeichnen – ein Haus, die Soldaten, den leeren Kinderwagen, die Züge.

Zur selben Zeit tobte ein wilder Sturm in der Welt: die Gräueltaten der Nazis und ihrer Kollaborateure, die Millionen von Menschen ermordeten, gleichgültig und blind für die Einzigartigkeit eines jeden von ihnen. Sie waren es, die schließlich auch das Kind mit dem Bleistift in der Hand auslöschten.“ – David Grossmann

 

Als wir uns die Gedenkstätte angesehen haben, musste ich auch immer wieder an ein Lied denken, das ich aus dem Soundtrack von dem Film „Schindlers Liste“ kenne.

Es ist das jiddische Lied „Oyfn Pripetschik“, das zur musikalischen jiddischen Geschichte vor dem Holocaust gehört. Es soll auch als Widerstandshymne in den Ghettos genutzt worden sein. 

 

In dem Lied geht es um einen Rabbi der seinen Schülern das Abc beibringt. Und doch bekommt das Stück in der 4. Strophe eine tragische Richtung, die tief mit der jiddischen Geschichte verbunden ist.

 

 

„Wenn ihr Kinder älter werdet, werdet ihr alleine verstehen,

wie viel Tränen in den Buchstaben liegen und wie viel Weinen.“

 

„People say: „Live for the future, don’t live in the past. But I don’t live in the past, the past lives in me.

 

Leute sagen: „Lebe in der Zukunft, nicht in der Vergangenheit. Aber ich lebe nicht in der Vergangenheit, die Vergangenheit, sie lebt in mir.“

-Olgar Horak

Sagt die Zeitzeugin Olga Horak die, die Konzentrationslager Auschwitz und Bergen-Belsen überlebt hat. Es sind Worte gegen die Ansprüche, die Vergangenheit sein zu lassen.

Das, was passiert, ist nicht unsere Schuld, aber es liegt in unserer Verantwortung zu gedenken.

Nie dürfen wir es vergessen, was Rassismus und Antisemitismus ausgelöst hat.

Auschwitz ist ein Mahnmal für diese Geschehnisse und zeigt uns, dass es unsere Aufgabe ist sich aktiv dagegenzustellen, wenn Antisemitismus und Diskriminierung passiert.

Denn Rassismus beginnt nicht mit dem Bau eines Konzentrationslagers, Rassismus beginnt dabei kollektiv Gruppierungen schuldig zu sprechen, sie auszuschließen und sie vorzuverurteilen.

Mit diesen Gedanken in unseren Köpfen machten wir uns auch wieder auf den Heimweg.

Und ja, wir öffneten unseren Geist, unser Herz und unsere Seele!

„Dieser Ort sei allezeit ein Aufschrei der Verzweiflung und Mahnung an die Menschheit. Hier ermordeten die Nazis etwa anderthalb Millionen Männer, Frauen und Kinder.
Die meisten waren Juden aus verschiedenen Länder Europas.“
-Auschwitz-Birkenau-

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