Majdanek (Lublin Pt3)
„Schuhe von Leichen
Auf leeren Plätzen,
wie mit Spinnweben gefesselt von Drahtnetzen,
wachsen Schuhhaufen, Schuhe von Leichen:
kleine Schuhe, Kinderschuhe, Herrenschuhe, Mädchenschuhe.
Es leuchten mit schwarzen Augen,
schlanke Reitstiefel mit Schäften,
Damenstiefel aus Saffian
haben ihre geheimnisvolle Sprache.
Der Regen fließt lautlos über sie hin, wie Tränen,
die Sonne verbrennt sie.
Nervöse, zitternde Hände sortieren sie,
es wachsen die Haufen, Haufen wie Kolosse,
bis sie zur Pyramide anwachsen,
sich selbst überwachsen,
und als enorme Säule in den Himmel stoßen
mit dem Geschrei: Warum, warum, warum?“
In einem riesigen Raum türmen sich Schuhe um Schuhe, eingesperrt in große Glaskästen. Und doch schaffen sie es auch nicht dieses Verbrechen vorstellbar zu machen. Das Gedicht eines Mädchens fasst, das zusammen, was auch wir uns bei der Besichtigung des ehemaligen Arbeits- und Vernichtungslager Majdanek denken.
Warum, warum, warum?
In diesem Blogbeitrag betrachtet ihr gemeinsam mit mir die 2 großen Symbole des vormaligen Konzentrationslager Majdanek, das auch in Lublin liegt. Dabei handelt es sich um das Eingangstor und das Mausoleum.
Zusätzlich erzähle ich über ein Bruchteil der Verbrechen, die in Majdanek passiert sind.
In diesem Blogbeitrag möchte ich mich besonders bei Mai Ly Le bedanken, die jene Freundin ist, die wir besucht haben und die uns auch Majdanek gezeigt hat. Viele Informationen, Zitate und Quellen dieses Textes stammen von ihr.
Symbole Majdaneks
Das Eingangstor
Kommt man in Majdanek an, ist es wohl das Erste, was man sieht. Ein riesiges Gebilde aus Steinen – es erscheint mächtig und eindrucksvoll. Die Baracken im Hintergrund verleihen dem ganzen einen traurigen, denkwürdigen Eindruck.
Erst bei genaueren Hinsehen bemerkt man die Umrisse von Menschen. Sie sind fast nicht erkennbar, doch sieht man genauer hin erkennt man sie doch. Es soll die Entmenschlichung darstellen, die die Nazis an ihre Opfer begangen haben.
Dieses Denkmal wurde vom Holocaustüberlebenden Wiktor Tolkin entworfen. Es steht an jener Stelle, an der auch der Eingang des Lagers war. Majdanek war dabei nicht nur ein Ort der Entmenschlichung, sondern auch ein Ort des Mordens, davon berichten viele Zeitzeugen.
Eine davon ist Halina Birenbaum, die nun eine polnisch israelische Schriftstellerin und Dichterin ist.

- Halina Birenbaum
So berichtet auch ein SS-Mann (Rudolf Ettrich) vor Gericht über die Verbrechen und schildert wie Menschen in den Krematorien Majdaneks vernichtet wurden:
„Ich habe häufig vor der Effektenkammer stehend beobachtet, wie die Häftlinge in die Badebaracke geführt wurden. Auf dem Dach der Badebaracke war eine kaminartige Öffnung. Ein Sanitäter kam mit einer Leiter, stellte sie an die Baracke, kletterte auf das Dach. Aus einer Dose schüttete er dann etwas in den Kamin. Später habe ich dann beobachtet, wie die nackten Leichname aus der Baracke auf einen hölzernen Wagen geladen wurden. Dieser Wagen wurde von den Häftlingen in Richtung Krematorium gezogen. Nachdem der Sanitäter etwas in den Kamin geschüttet hatte, hörte ich einige wenige Minuten Geschrei und Jammern, wie von Menschen, die in Todesangst waren. Dann war es still.“

Beim Besichtigen von Majdanek merkt man das sich der Frost und die Kälte nicht nur von außen an den Körper klammert, sondern das sie sich bis in unser Herz frisst.
Das Mausoleum
Schon fast am Ende unserer Tour sind wir wieder an einem besonderen eindrücklichen Ort Majdaneks angelangt, es ist das Mausoleum. Im Innenraum des Mausoleums befindet sich ein riesiger Berg voller Asche – es ist die Asche von den Menschen, die in Majdanek verbrannt wurden. Sie wird im Mausoleum konserviert.
Beim Mausoleum erfahren wir auch wohl über den grausamsten Tag Majdaneks, es ist der von Häftlingen genannte Blutmittwoch, die Deutschen nannten es „Aktion Erntefest“.
Am 3. November 1943 erschossen die Nationalsozialisten nahezu alle verbleibenden Juden im Distrikts Lublin. 18 000 Menschen wurden alleine an einem Tag erschossen, insgesamt soll die Opferzahl 42 000 betragen. Zahlen, die unvorstellbar sind.
Selbst die Berichte von Zeitzeugen lassen nicht einmal erahnen, wie es gewesen sein muss, in jenen Tagen in Majdanek gewesen zu sein.
- Zacheus Pawlak
- Joseph Reznik
Auf der Kuppel des Mausoleums steht auf Polnisch „Unser Schicksal sei eine Mahnung für euch“ –ein Zitat eines Gedichtes von Franciszek Fenikowski.
Unwahrlich ist jener Tag in Majdanek für mich wieder eine Erinnerung stets gegen Diskriminerung, Antisemitismus und Fremdenhass aufzustehen.
„Unsere Stimme soll es
von Generation zu Generation tragen:
Um Gedenken, nicht um Rache,
bitten unsere Schatten.
Mag unser Schicksal eine Mahnung für euch
nicht eine Legende sein!
Und sollten die Menschen je verstummen,
werden die Steine rufen“
Mehr zu Majdanek könnt ihr auf der Webseite der Gedenkstätte lesen.
Bis zum nächsten Mal.