Alleine unter den Sternen

 Hallo, und willkommen zu einer neuen Ausgabe von „Perspektivenwechsel“.

Mein Ziel in einem Auslandsaufenthalt war und ist es, in eine andere Perspektive zu gehen – die Welt mit neuen Augen zu betrachten. 

Ähnlich wie mir geht es vielen anderen Volontär:innen rund um den Globus, sie machen viele verschiedene Erfahrungen, die es wert sind, wahrgenommen zu werden

 

Jeden von Ihnen, die ich interviewt habe, wird eine Improvisation am Klavier von mir gewidmet, die ich im Kloster aufgenommen haben.

 

Auch ihr seid eingeladen, sie euch beim Lesen anzuhören.

 

Sie nehmen Perspektiven ein, die uns wohl nicht bewusst sind.

Deswegen erzähle ich Ihre Geschichte nun hier.

 

Der heutige Track gewidmet an Jacob Rennhofer und Robin Feurstein heißt „The Twinkling of the Stars“

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Viel Freude.

Hinweis:  Am schönsten formatiert ist dieser Artikel am Laptop oder PC – natürlich könnt ihr ihn auch mit dem Handy lesen. Die Quellen zu den Informationen im „Das Feuer der Vielfalt“ Teil sind unterhalb verlinkt.

 

Das Feuer der Vielfalt

Es ist heiß, Schweiß tropft von der Stirn und die Temperaturen liegen fast konstant zwischen 20 und 30 Grad.

Wir sind in Südamerika, ein Kontinent der ganz anders scheint als Europa.

Wir fliegen mit unserem imaginären Flugzeug in eine kleine Stadt im Osten Boliviens. Es ist San Ignacio de Velasco – denn dort befinden sich Freiwilligenkollegen von mir, Robin Feurstein und Jacob Rennhofer, mit denen ich in dieser Ausgabe des Perspektivenwechsels gesprochen habe.

Sie machen dort, so wie ich, einen Freiwilligeneinsatz anstelle eines Zivildienstes.

 

Willkommen in Bolivien

Offiziell heißt Bolivien Plurinationaler Staat Boliviens – und das beschreibt den Staat eigentlich schon recht gut, denn die Verfassung des Staates kennt 36 verschiedene Ethnien und deren Sprache an. Etwa über 50 Prozent der Bevölkerung sind Indigene Völker, meist sind diese Quechua oder Aymara, gut 30 Prozent sind Mestizen (also Nachfahren von Europäern und indigenen Völkern).

Aber Bolivien ist nicht nur in seinen Sprachen vielfältig, das Land hat eine einzigartige geografische Landschaft mit einer Mischung aus Anden, Hochplateaus und tropischen Regenwäldern.

 

 

Unruhige Zeiten in Bolivien

Am Ende des 18. Jahrhunderts kommt es seit der spanischen kolonialen Herrschaft 1532 immer nach größeren Rufen zur Unabhängigkeit. Seither gibt es zahlreiche Kämpfe im ganzen Land, sie läuten unruhige Jahrzehnte für Bolivien ein. Denn auch als am 6. August 1825 die Republik ausgerufen wird, wird es nicht wirklich ruhiger.

Es kommt zu Kriege gegen die Nachbarländer, Putsche und Revolutionen. Seit der Unabhängigkeit wird Bolivien bis nach 1903 die Hälfte seines Territoriums verlieren. Und auch diese Nachfolgejahre sind gekennzeichnet von unruhigen Zeiten. 1952 kommt es zur bolivianischen Revolutionen und viele weitere Dinge passieren, die zu lange wären, um sie in diesem Blog noch länger auszuführen.


Erst 1982 kommt es so wieder zu freien Wahlen.

Aber auch in der momentanen Gegenwart wird Bolivien durchgerüttelt durch politische Ereignisse.

 2005 wird Evo Morales als Präsident gewählt, er privatisiert zahlreiche Betriebe und beginnt mit dem Schreiben einer neuen Verfassung. Er ist der erste indigene Präsident Boliviens.

2019 ist die nächste große politischen Krise. Nach Unregelmäßigkeiten bei den Präsidentschaftswahlen, in denen Evo Morales wieder gewählt wird, tritt dieser nach Druck des Militärs zurück, um (weiteres) Blut vergießen zu vermeiden. Im Oktober 2020 wird der linke Kandidat Luis Arce zum Präsident gewählt.


Im Herbst 2022 kommt es in Santa Cruz zu Protesten gegen die Regierung, es gibt gewalttätige Proteste und es gibt Flugausfälle am internationalen Flughafen. Von denen wir später noch hören werden

Bis heute ist die politische Lage hoch angespannt, ich habe zwei Freiwillige gefragt, wie es ihnen dort ergeht.

Robin Feurstein und Jacob Rennhofer berichten aus Bolivien

Wie geht’s euch so, was sind eure Gedanken nach mehr als einem halben Jahr in Bolivien?

Robin: Also ich bin grundsätzlich sehr zufrieden diesen Freiwilligeneinsatz gewählt zu haben. Ich sage es dir ehrlich es gäbe wahrscheinlich bessere Locations etwas in seiner Freizeit zu machen, bei uns im Dorf ist es manchmal schon etwas langweilig.  Aber ich bin ja grundsätzlich zum Arbeiten da und darum will ich mich auch nicht beschweren. Deswegen bin ich echt glücklich diesen Einsatz gemacht zu haben und würde es auf keinen Fall bereuen, dass ich da bin. 

Jacob: Genau, ich sehe das genauso. Statt dem Zivildienst diesen Freiwilligeneinsatz hier zu machen ist eine extrem coole Lösung und ich würde wieder so handeln. 

Was ich ein wenig unterschätzt habe, ist die Hitze hier, da leide ich schon ziemlich.

 Es ist immer so scheiße heiß, insbesondere mit Hemd und langer Hose, das ist ein wenig blöd.

Wandern wir noch einen Schritt zurück. Warum habt ihr euch für Bolivien entschieden?

Jacob:  Naja für mich war prinzipiell interessant ein Land in dem Spanisch gesprochen wird, da ich da schon ein Grundlevel an Spanisch in der Schule hatte. Wenn ich jetzt eine neue Sprache anfange, würde Spanisch wieder „nachhängen“ und deswegen wollte ich das noch genauer vertiefen.

Schlussendlich hat sich für mich Bolivien herauskristallisiert, weil ich mir gedacht habe, das schaut für mich am sympathischsten aus. Ich habe dann mit der Karoline (Dr.Karoline Artner zuständig für das Projekt in Österreich) Kontakt aufgenommen und mich über das Projekt erkundigt.

Die war gleich supernett, und sympathisch. Nach diesem positiven Eindruck habe ich mir gedacht, das hört sich supergut an.

Robin:  Bei mir ist es ähnlich.  Spanisch ist ein großer Knackpunkt, warum ich mich für Südamerika entschieden habe.  Ich habe Spanisch auch in der Schule gehabt, und Jacob hat es schon gesagt, lieber Spanisch vertiefen als eine andere Sprache neu lernen zu müssen.

 Warum Bolivien genau? Bei mir war es weniger der Standort, sondern eher die Tätigkeit. Für mich war klar, dass ich etwas unterrichten möchte. Da hatte ich dann die Auswahl, was ich unterrichten möchte.  Das in Bolivien hat sich für mich sehr gut angehört, weil ich dort IT-Unterricht machten konnte.

 

Von Wem wird euer Projekt geleitet und wer ist der Verein in Österreich  der für euch zuständig ist? Und wie läuft das dann in Bolivien bei euch ab?

 

Robin : Das ist ein Verein in Vorarlberg, die heißen  Frohbotinnen Batschuns, eine kleinere Gesellschaft ältere Damen, die sich vom Arbeiten schon zur Ruhe gesetzt haben und trotzdem noch irgendetwas machen wollen.

Es sind aber auch ein paar jüngere dabei.

Vor Ort in Bolivien ist die Daniela Kastner, die ist seit 31 Jahren da, die ist auch von der Organisation in Österreich.

 

 

Jacob: Den Hauptteil macht sie mit der Karoline, die eben in Österreich für die Koordination verantwortlich ist. Diese war die frühere Leitung in Österreich von der gesamten Organisation und sich deswegen mit dem Projekt am besten auskennt.

 

„Vorerst sind wir also die letzten Freiwilligen hier.“

Am Ende dieses Jahres wollen sie das Projekt in andere gute Hände in Bolivien weitergäben, sodass es auch unabhängig von der Finanzierung in Österreich ist und sich selbst finanziert.  Das Projekt soll sich selbst finanzieren. Aus Gründen von Nachwuchsproblemen werden wohl auch keine Frohbotinnen mehr nach Bolivien kommen. Vorerst, wenn die Internationalen Freiwilligeneinsätze (der Rechtsträger, mit dem ich ebenfalls in Krakau bin) mit niemand anderen einen Vertrag macht, sind wir also vorerst einmal die letzten Freiwilligen hier.

 

 

Robin:  Sie sind jetzt aktiv auf der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten und generell Personen, die das Projekt übernehmen wollen

Jetzt wechseln wir wieder das Thema. Wie sind eure Lebensbedingungen so in Bolivien? Lebt ihr im Projekt, was ist anders als in Österreich?

(Bild oben Schlafzimmer, Bild unten Küche)

Jacob: Seit der 4. Freiwillige weg ist, leben wir zu
3. in unserem Haus. Wir leben in einem kleinen Häuschen der Steyrer
Missionaren, eine Missionsgemeinschaft, die auch 2 Internate haben, die zu
unserer Schule dazugehören. Unser Haus steht im Garten des Internates, indem
„selbstversorgermässig“ einige Sachen angebaut werden. Das sind  2 Zimmer, ich bin mit Benni in einem Zimmer
und Robin hat das Einzelzimmer, da wir ja jetzt nur mehr zu 3. Sind.

 

 

 Jedes Zimmer hat ein Bad und es gibt eine Veranda bzw Terasse die draußen ist, da es ja meistens
heiß ist. Auf der Veranda ist unsere Küche, die ist ein wenig abgemauert, ist im Prinzip aber auch draußen. Das heißt, es sind zwei Zimmer mit zwei kleinen
Bade Zimmern und davor ist die Küche mit Veranda draußen.

 

 

 

Robin:  Lebensstandard sonst, manchmal kommt es mir ein wenig unhygienisch vor, vor allem in Gasthäusern was den Tellerabwasch so betrifft.

Ich habe zum Beispiel erlebt das nur mit kaltem Wasser bzw Fingern abgewaschen wird. Hin und wieder befindet sich dann auch etwas im Essen, was nicht hineingehört. Eine Kollegin hatte zum Beispiel einmal Kakerlaken in ihre Pommes drin gehabt und da vergeht einem schon ein wenig der Appetit.

 

 

Jacob: Dadurch das eben die Küche draußen ist, und bei vielen Häusern keine Fenster gibt, sondern nur Fliegengitter, weil es eh warm genug ist. Dadurch kommt viel Sand und Erde in unser Haus.

Dementsprechend  wird alles sehr sandig und dreckig, was nicht in einem Kasten oder in einem Plastiksack eingewickelt ist. .

„Eine Kollegin hatte Kakerlaken in ihren Pommes.. da vergeht einem schon ein wenig der Appetit.“

Robin: Apropo Staub, sie verbrennen auch sehr gerne Müll hier. Es werden riesige Müllhaufen gemacht und dann wird das einfach verbrennt. Das stinkt echt furchtbar du siehst dann Nebel in der Luft, der von diesem Müll kommt. Auf diesem Hügel ist auch einfach alles dabei, Plastik, Metalldosen, Bio Müll.. 

Jede Familie macht ihren eigenen Hügel und zündet das an. Wir haben auch nicht überall Fenster im Haus, sondern auch oft nur Fliegengitter und du hast den Gestank dann überall. Das ist sehr unangenehm.

 

Was sind so die kulturellen Unterschiede zu Österreich? Wir hatten ja gemeinsam ein Vorbereitungsseminar – welche Erwartungen sind von euch bestätigt worden und was war ganz anders?

Robin : Eine Sache, die man uns vorher ein wenig gepredigt hat, ist der Kulturschock. Ich hatte bis jetzt keinen Kulturschock. Ich habe eher das Gefühl, dass ich vielleicht einen haben werde, wenn ich zurück nach Österreich komme. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich mich unseren Lehrerkollegen hier so gut verstehe und die denselben Humor wie meine Freundesgruppen in Österreich haben.

 

 

Jacob: Ich glaube das war auch deswegen, weil wir bzw ich darauf vorbereitet waren, was uns in Bolivien antreffen wird, weil ich mit den ehemaligen Freiwilligen gesprochen habe und wir uns in der Gruppe sehr gut abgesprochen haben.

 

 

Robin: Kulturell gibt es noch eine Sache, also es gibt hier eine Liebe zu Feiertagen, ganz ehrlich. Es gibt jede Woche gefühlt mindestens 1nen tag  bei dem man nicht in die Schule geht oder nachmittags nicht in die Schule geht.

Grundsätzlich sind die Menschen hier auch sehr gelassen,  ich habe das Gefühl, dass es viel weniger Normen gibt, es herrscht eher so das Lebensgefühl „ mach einfach was du willst und bleib locker“.

„Ich könnt mir jetzt nicht vorstellen jeden Tag 9 Stunden zu unterrichten.“

SebastianWie schaut so ein klassischer Freiwilligentag bei euch aus?

 

Robin : Ich und Benny sind Lehrer, Jacob ist Regent, das ist ein wenig was anderes, aber ich erkläre mal meinen Standpunkt. Ich stehe täglich um 6 Uhr auf, mache mir Frühstück, lese etwas und um dreiviertel 8 beginnt dann die Schule. Mit dem Fahrrad brauchen wir 6 Minuten in die Schule und ich vormittags und nachmittags Unterricht mit einer Pause von 2 Stunden.

Ansonsten bereitet man sich auf den Unterricht vor. Benni und ich haben uns die Klassen geteilt, er hat die eine Hälfte und ich die andere. Es ist angenehm, ich habe einiges zu tun, aber es hält sich dennoch in Grenzen. Ich könnte mir jetzt nicht vorstellen jeden Tag 9 Stunden unterrichten.

Wie geht’s dir so mit dem Unterrichten, verstehen dich deine Schüler?

Die Schüler sind zwischen 12 und 18, also 6 Jahrgänge. Am Anfang hatte ich echt Schwierigkeiten. . Das schlimme war für mich nicht das Reden, sondern das Verstehen. Durch den bolivianischen Akzent fiel mir das sehr schwer. Da hatte ich am Anfang riesige Problem gehabt, mittlerweile geht das echt gut.


Die meiste Zeit funktioniert es mit den Schülern recht gut, manchmal möchten sie nicht aufpassen, dann passen sie natürlich nicht auf. Sie haben auch alle einen Bildschirm vor dem Gesicht und Internetzugang, da ist die Kontrolle auch schwierig. Aber wenn ich, was Wichtiges zusagen habe, schaffe, ich es eigentlich immer, dass alle aufpassen.


 Ich bin zufrieden, es funktioniert. Es ist nicht so, dass ich am Abend heimkomme und denk mir „was für ein Scheiß Tag ich gehe jetzt nie wieder unterrichten“ i rgendwie macht es doch Spaß.  Einfach, weil ich mit jeder Klasse was anderes mache und anderen Leuten was beibringen kann, mit den kleinen Hintergedanken sie könnten an Nutzen davon haben.

Ich möchte auch die Mentalität beibringen will, dass sie, was Größeres erreichen können. Vielleicht können sie ja mal irgendwo arbeiten, wo es einen Computer gibt und dann dort ihr Wissen einsetzten.

Jacob wie sieht dein Freiwilligentag genauer aus?

Robin hat es eh schon gesagt, ich stehe um 5 Uhr auf und gehe dann mit jemanden gemeinsam laufen. Danach wird gefrühstückt.

Ich gehöre zum administrativen Teil der Schule, das nennt sich Regente und ist so ein wenig wie eine Aufsicht. Nebenbei bin ich in einer Kommission für Disziplin und Finanzen und bei der Schulband.

Bei der Schulband habe ich selbst ein Instrument gelernt und helfe beim Unterrichten, da ich in Österreich Schlagzeug gespielt habe. Es gibt auch sehr viele Trommeln, dementsprechend kann ich da gut unterstützen. Nachmittags habe ich meistens Probe mit Schulband und das andere sind eher administrative Tätigkeiten, die sich am Tag verteilen. Es kommen Leute zu mir, weil mit ihrem Computer nicht funktioniert oder weil sie was ausdrucken bzw formatieren wollen. Für die Kommission sammle ich Geld für Schulshirts ein oder baue Boxen auf für Feiertage.

Es gibt keinen stringenten Alltag, ich helfe dort, wo Hilfe gebraucht wird.

Wenn ich gerade nichts zu tun habe, dann gehe ich in die Küche helfen, das ist eines Internats und Schulküche. Die Schüler haben im Unterricht Gastronomie. Wenn Brot gemacht wird, helfe ich mit, weil das eben am meisten Zeit braucht und was Gutes herauskommt. Da können wir uns auch ein Brot mit nach Hause zum Essen mitnehmen. Und sonst, wenn ich halt Zeit hab, dazwischen arbeite ich in der Küche.

„Es gibt keinen stringenten Alltag ich helfe dort, wo Hilfe gebraucht wird.“

Was machts ihr so in eurer Freizeit?  Wie viel Zeit habt ihr? Wart ihr schon einmal auf einen Urlaub?

 

Jacob: Robin hat eh schon gesagt, in San Ignacio gibt es nicht so viel, weil es wie bei uns eben ein Dorf ist. Ich gehe in der Früh immer laufen, das ist auch erst hier entstanden, ich war vorher nie so der Läufer Typ. Ich übe mein Instrument was ich begonnen hab zu lernen, dass ich bei der Banda mitspiele – da spiele ich Bariton bzw Tenorhorn. Sonst lese ich viel oder spiele mit den anderen gemeinsam „Valley“, das ist eine abgeänderte Version von Volleyball. Da spielen wir mit einer Gruppe von Bolivianer gemeinsam. Recht oft spiele ich auch Brettspiele, weil ich die einfach richtig liebe.

 

 

Robin: Wie da Jacob schon gemeint, muss man sich sehr viel selbst beschäftigen, weil es eben nicht wirklich viel zu tun gibt. Ich mache jeden Tag 1–2 Stunden Sport, da gehe ich ins Fitnessstudio. In letzter Zeit lese ich auch sehr viel. Mit Musik bin ich auch ein wenig dran, das sind aber nur täglich so 20 Minuten. Aber es macht mir Spaß und ich habe es auch vor es länger zu machen. Ich bin auch oft am Laptop und probiere mir selbst Programmieren beizubringen. Sonst mache ich mir Gedanken, was ich nach meinem Auslandseinsatz machen will.

Bezüglich Urlaub, wir haben von 15. Dezember bis 15.Jänner 4 Wochen Urlaub gehabt und sind ein wenig herumgereist. Ich war 2 Wochen mit Benjamin in Kolumbien und bin dann noch alleine in die Dominikanische Republik gereist, um das Meer ein wenig zu erkunden.

 

 

Jacob: Das sind praktisch die Sommerferien, weil das ja die Südhalbkugel ist. Ich war gemeinsam mit Leon 1,5 Wochen in Argentinien und dann mit meiner Familie, die mich besuchen gekommen ist, unterwegs.

Was waren so eure herausforderndsten bzw schwierigsten Momente in eurer Einsatzzeit bis jetzt?  Hattet ihr einmal das Gefühl wie „oh mein Gott, warum hab ich das gemacht“?

 

Jacob: So „Oh mein Gott, warum mache ich das gerade“ hatte ich eigentlich noch nie. Das schwierigste für mich ist die Hitze, die habe ich komplett unterschätzt.

Etwas das auch sehr nervig sind die Hunde hier. Die Menschen hier sperren die Hunde nicht ein, sondern lassen sie einfach auf die Straße und wenn du mit dem Fahrrad vorbeifährst, attackieren die dich und laufen dir hinterher. Am Anfang war die Sprache natürlich auch schwierig.

 

 

Robin: Ich habe auch nie wirklich den Moment gehabt, dass ich nachhause möchte oder dass es mir gar nicht gefällt. Ich bin bis jetzt eigentlich jeden Tag glücklich, natürlich gibt es einige Kleinigkeiten, die einen stören, aber wäre man woanders gibt’s wieder andere Sachen, die nicht perfekt sind. 

„Das schwierigste für mich ist die Hitze, die habe ich komplett unterschätzt“.

Wir wechseln jetzt wieder stark das Thema, Jacob du hast ja auch in deinem Blog drüber geschrieben das es Demos und Straßensperren gegeben hat. Wie sehr beeinflusst euch die politische Situation in Bolivien?

„Es kam dann in Santa Cruz zu Demonstrationen, das war echt gewaltig, Straßen sind abgesperrt worden, Autos und Häuser sind angezündet worden, Scheiben eingeschlagen, der ganze Flughafen wurde abgesperrt für ein paar Tage. Das war kurz bevor wir vom Urlaub zurückgekommen sind, Anfang Jänner konnte man weder ein noch ausreisen. Es war richtig chaotisch. Ich habe Videos gesehen, wo Autos gerammt wurden und es zu Polizeigewalt kam. 

Robin: Es gab riesige Proteste Ende Oktober. Das war in unserem Department (Bundesland). Grundsätzlich war angesetzt, dass es im Jahr 2022 Volkszählung in Bolivien stattfinden werden. Die Volkszählung findet alle 5 Jahre statt. Befindet sich dann mehr Bevölkerung im Land, bekommt auch mehr Geld. Der Staat hatte heuer kein Geld und wollte so die Volkszählung auf nächstes Jahr verschieben.

Das bedeutet, dass unser „Bundesland“ ein Jahr länger weniger Geld bekommt als es bekommen sollte, weil es einen deutlichen Bevölkerungszuwachs gegeben hat. Da hat sich dann der Governor (vgl. mit dem österreichischen Landeshauptmann) eingesetzt, dass es eine Volkszählung geben muss oder das er zum Protestieren aufruft.

Für 1,5-2 Monate hat die Bevölkerung nicht gearbeitet, Straßen sind gesperrt worden. In unserem Dorf konnten keine Produkte importiert worden – Tomaten hatten eine Inflation von 300%. Produkte sind verdammt teuer geworden, weil nichts mehr gekommen ist. Das, was man hier angebaut hat, war preislich relativ okay. Aber alles, was ins Dorf geliefert werden musste, kam nicht ins Dorf herein.

Bei uns in der Schule war es so halb, da haben wir manchmal am Vormittag unterrichtet, dann war Nachmittag frei. Dann hatten wir wieder jeden Tag Schule, bis das dann wieder nicht funktioniert hat. Im Dorf selbst konnte man sich auch nicht fortbewegen, weil die Straßen abgesperrt wurden, mit Baumstämmen bzw Absperrband, damit die Motortaxis nicht mehr herumfahren konnten. Das ist dann ein wenig eskaliert, der Landeshauptmann wurde festgenommen. Der Landeshauptmann hat dem Staat mehrere Milliarden Dollar „gekostet“ weil er gesagt hat unsere Bevölkerung geht nicht arbeiten. Darauf wurde er festgenommen.

Es kam dann in Santa Cruz (Hauptstadt des Bundeslandes und nächstgrößere Stadt) zu Demonstrationen, das war echt gewaltig, Straßen sind abgesperrt worden, Autos und Häuser sind angezündet worden, Scheiben eingeschlagen, der ganze Flughafen wurde abgesperrt für ein paar Tage. Das war kurz bevor wir vom Urlaub zurückgekommen sind, Anfang Jänner konnte man weder ein noch ausreisen. Es war richtig chaotisch.  Ich habe Videos gesehen, wo Autos gerammt wurden und es zu Polizeigewalt kam.

Wir hatten Glück, dass wir nach Santa Cruz gekommen, um in den Urlaub zu fliegen. Kurzzeitig war auch nicht klar, ob wir nach unserem Urlaub auch wieder zurückkönnen.

Sebi: Wie hat euch das beeinflusst? Was war euer Gefühl während dieser Demonstrationen, die ja in Österreich völlig absurd wären?

 

Jacob: Dadurch, dass wir in dem Department waren, das generell gegen die Regierung von Bolivien gestützt hat, war auch der Großteil der Bevölkerung hier für die Partei, die den Landeshauptmann gewählt hat, war es bei uns nicht so ein Problem. Weil alle gewusst haben, das ist nicht gegen die Leute hier in der Stadt, sondern es ist wirklich, um für die Regierung was anzurichten. Die Leute haben sich nicht gegeneinander geschlagen, sondern es ist wirklich um den wirtschaftlichen Schaden gegangen.

Es war eher so das in Österreich darüber berichtet worden ist, was selten ist, weil kurze Streiks gibt es in Bolivien immer wieder, aber so ein längerer ist schon besonderer.

 Da haben unsere Familien aus Österreich schon, geschrieben was los ist. Aber gerade bei uns am „Land“ ist es viel ruhiger als in der Stadt.

Jacob hat während seines Aufenthalts die Milchstraße fotografiert –  und war dabei mit dem Auto unter freiem Sternenhimmel unterwegs..

Hattet ihr schon Heimweh? Wie war das davor, bevor ihr nach Bolivien gegangen seid, wie war die Reaktion eurer Eltern als ihr gesagt habt ihr wollt ein Jahr nach Südamerika? 

„Ich glaube meine Mama war sehr traurig als ich nach Südamerika gegangen bin.“

Also ich habe hin und wieder Kontakt mit meinen Eltern, ich melde mich durchschnittlich alle 3 Wochen. Ich ruf an und sag das alles okay ist und dann quatschen wir. Ich berichte jetzt auch nicht so viel von hier, weil telefonieren nicht so in meinen Alltag reinpasst. Ich glaube meine Mama war sehr traurig als ich nach Südamerika gegangen bin.

 Sie wusste anfangs gar, nicht, dass ich mich darum kümmert hab und mich beworben habe. Das habe ich zuerst verschwiegen und irgendwann habe ich ihr das dann offenbar, da war sie etwas geschockt.

Aber sie verkraftet es sehr gut, mein Papa ist da eine seelische Unterstützung. Der leistet einen guten Job, dass die Mama nicht zu traurig ist. Ich melde mich auch hin und wieder einmal.

Heimweh hatte ich nie wirklich gehabt, 1,2 Sachen vermisse ich etwas, vor allem Natur. Ich vermisse die Berge, die frische Luft. Ich wurde nie sagen, dass ich heute sofort zurückwill.

 

Jacob: Bei mir was im Prinzip so, dass ich es ausgesucht habe und meinen Eltern erzählt habe, dass ich das machen will und ich denke, sie wissen, wenn sie Nein gesagt hätte ich es trotzdem irgendwie gemacht. Deswegen unterstützen sie mich und ich bin ihnen da sehr dankbar. 

Sie waren sicher traurig, wie ich weggegangen bin.  Es gab auch einige Leute, die Vorurteile gegenüber Bolivien hatten,, mit meinem Blog, den ich mache, haben sie mitbekommen, dass es nicht so schlimm ist, wie man es sich vorstellt, wenn man noch nie da war.

 

Was war so der schönste Moment, die schönsten Momente in den letzten Monate?

 Jacob: Ich habe schon über einige Dinge im Blog geschrieben. Bei mir waren einige coole Momente. Wie wir in Argentinien waren, wie ich die Milchstraße mit freiem Auge gesehen habe. Das war richtig beeindruckend.

 

 

Robin: Bei mir war es der Urlaub, insbesondere die 2 Wochen, in denen ich allein war. Nichts gegen die anderen, aber wenn man den ganzen Tag auf 20 Quadratmeter hängt, ist es schön 2 Wochen allein zu sein. Da lernt man neue Leute kennen, das war schon sehr fein.

 

 

Jacob: Für mich noch als 2ter Moment. Ich habe hier zum ersten Mal ein Blasinstrument gelernt und vor 3 Wochen haben wir beim Marsch mit der Schulband, mit Schuluniform und Instrument das ich gerade mal 3 Monate spiel mitgespielt. Mit allen Schulen vom ganzen Ort haben wir da am Hauptplatz gespielt und wir haben die Schulhymme gespielt und die ganze Schule ist an uns vorbeigezogen. Da gab es dann noch so Rauchkerzen in den Farben unserer Schule.  Wir sind dann durch den Raum rausmarschiert, das war extrem schön.

Nun die letzte – sehr klischeehafte klassische Frage. Würdet ihr euren Einsatz weiterempfehlen, würdet ihr es noch einmal machen? Was würded ihr Leute sagen, die sich für sowas interessieren?

Robin: Also ich würde es aufjedenfall weitempfehlen. Vor allem für Männer als Ersatz des Zivildienstes. Ich habe jetzt einen Kollegen der Ende August ebenfalls mit der Ife nach Ecuador reist.

„Ich mache hier Erfahrungen, die ich nie vergessen werde.“

Ich glaube, ich habe ihm da ein wenig inspiriert, er hat nämlich zur gleichen Zeit wie ich jetzt seinen Zivildienst in Österreich gemacht und begibt sich jetzt auf das Auslandsabenteuer.

Jacob: Ich kann es auch sehr empfehlen, mit unserer Organisation fortzufahren. Hier nach Bolivien kann man ja leider nicht mehr. Witzigerweise hat sich bei mir auch ein Ex Schulkollege, der einen Jahrgang unter mir war für Ecuador beworben.

Ich glaub es ist eine wirklich coole Erfahrung, die sicher nicht für jeden etwas ist, weil es sprachlich und kulturell schon eine enorme Umstellung ist. Und trotzdem würde ich es jeden empfehlen, weil ich hier Erfahrungen mache, die ich nie vergessen werde.

2 thoughts on “Alleine unter den Sternen”

  1. Siegfried Feurstein

    Es ist schön zu hören dass euch dieser Einsatz gefällt. Man lernt die Welt und deren Kulturen mit anderen Augen kennen. Diese Zeit wird bei euch ein dauerhafter Eindruck hinterlassen, den ihr später niemals missen möchten. Möglicherweise entstehen auch Freundschaften fürs Leben. Genießt noch die verbleibende Zeit.

  2. Resi Paumann

    Es ist sehr beeindruckend, wie junge Menschen alle Sicherheiten hinter sich lassen und alleine so einen Auslandseinsatz absolvieren. Dass dieser Perspektivenwechsel euer Leben und eure Einstellung allen Fremden und Fremdem gegenüber prägen wird, bin ich mir sicher. Ja, wir brauchen Menschen mit Weite und Weitblick, Menschen, die zu einem Mit- und Füreinander bereit sind für ein gutes Zusammenleben. Der renommierte Philosoph aus Paris Peter McCormick prägte den Satz: „We are living in a tumbling world“ (Wir leben in einer taumelnden Welt). Kriege, Klimanotstand und Migration fordern die Welt schon geraume Zeit heraus. Papst Franziskus sprach wiederholt von einem „Dritten Weltkrieg auf Raten“. Um sich in dieser Welt zurechtzufinden, werdet ihr wohl ein gutes Rüstzeug mitbekommen. Das wünsche ich euch sehr.

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